Viel Text gab es hier bislang zur aktuellen Saison leider nicht – dafür, zum Jahreswechsel, wenigstens einen Rückblick auf die bisherigen Highlights der Saison, vor allem der Grand-Prix-Wettbewerbe.
Alles vierfach?
Bei den Herren setzt sich der Trend zu immer mehr 4fach-Sprüngen fort. Brandon Mroz landete bei der NHK-Trophy als erster in einem internationalen Wettkampf einen astreinen Vierfach-Lutz. Kevin Reynolds versuchte sich beim Cup of China gleich an drei verschiedenen Vierfachen (Salchow, Toeloop, Rittberger; der Rittberger wurde downgegradet). Zum Glück hat die punkttechnische Aufwertung der Vierfachelemente nicht zu einer verstärkten Trennung zwischen „Springern“ und „Künstlern“ auf dem Eis geführt – oben auf dem Treppchen landet nur, wer beide Aspekte kombinieren kann.
Patrick Chan, das Wunderkind der vergangenen Saison, präsentierte sich in der aktuellen Saison bis dato nicht ganz so sprungstabil. Aber läuferisch ist er immer noch beinahe eine Klasse für sich, und so konnte er mit seinen unglaublich hohen Werten in den Komponenten nahezu alle technischen Makel ausbügeln. Im Grand Prix-Finale sprang er die 4fach-3fach-Toeloop-Kombi in die Bande (der 3fach-Toeloop war noch klar auf rückwärts gelandet), setzte gleich darauf sein Programm fort, als wäre nichts gewesen, und gewann das Finale.
Daisuke Takahashi befindet sich nach einigen Schwierigkeiten, vor allem in der Stabilität der Sprungelemente, wieder im Aufwind. Er wurde zweiter im Grand Prix-Finale. Wie man es von ihm kennt, hat er wieder zwei beeindruckende Programme im Gepäck, in die er auf dem Eis seine ganze Seele hineinzugeben scheint. Besonders die auf den Punkt choreographierte Blues-Kür gefällt mir ungeheuer gut (hier von der NHK-Trophy):
In den Grand Prix-Wettkämpfen zeigte Takahashi fast durchweg sehr konstante Sprünge, nur der Vierfache – mal versuchte er den Flip, mal den Toeloop – wollte nicht glücken. Vor wenigen Tagen gelang ihm bei den japanischen Meisterschaften im Kurprogramm jedoch auch dieses Element wieder (Kombi 4fach-3fach-Toeloop). Takahiko Kozuka, der in diesem Jahr das Grand Prix-Finale verpasste, wurde bei den japanischen Meisterschaften zweiter, der Nachwuchsstürmer Yuzuru Hanyu (Dritter im Grand Prix Finale) dritter.
Unbedingt erwähnt werden muss das wunderschöne Kurzprogramm von Jeremy Abott zum Soundtrack von Swing Kids – so gut habe ich Swing auf dem Eis noch niemanden umsetzen sehen (hier vom Grand Prox Finale):
Javier Fernandez, der schon in den vergangenen Jahren für Aufmerksamkeit sorgte, hat sich nach einem Trainerwechsel zu Brian Orser noch einmal gesteigert und ebenfalls zwei unglaublich starke Programme dabei. Und Michal Brezina hat sich mit sehr konstanten Leistungen im Top-Feld der Herren zurückgemeldet.
Sochi voraus
Bei den Damen sorgte vor allem Elizaveta Tuktamysheva für Furore (hier bei Skate Canada):
Schon seit einigen Jahren wird sie als großes Talent gehandelt, in dieser Saison konnte sie ihr Können erstmals beim Senioren-Grand Prix unter Beweis stellen – und gewann prompt ihre beiden Wettkämpfe. Im Finale kam sie allerdings nur auf Rang 4. Ihre Konstanz in den Sprungelementen ist erstaunlich, selbst bei Kombis wie 3Lutz-3Toeloop – allerdings muss sie die Pubertät mitsamt der körperlichen Veränderungen noch durchlaufen. Ihr Laufstil erinnert dagegen wenig an ein junges Mädchen, eher scheint dort eine Jugendliche krampfhaft die reife Frau zu spielen. Hier ist noch viel Spielraum für Entwicklung.
Mao Asada kämpfte sich in dieser Saison mit recht konstanten Leistungen wieder ins Grand Prix Finale, musste ihre Teilnahme aber absagen, da am selben Wochenende ihre Mutter verstarb. Zur großen nationalen Konkurrentin ist Akiko Suzuki geworden, die Asada bei der NHK-Trophy sogar besiegen konnte und im Finale auf Rang 2 kam, hinter Carolina Kostner, die sich in dieser Saison bislang ebenfalls in guter Form präsentiert hat.
Das Feld der Amerikanerinnen ist nach wie vor instabil. Rachael Flatt wirkte bis dato überhaupt nicht in Form, die elegante Alissa Czisny erreichte immerhin das Grand Prix Finale, dort aber mit deutlichem Punktrückstand auf Tuktamysheva nur den fünften Platz. Der Stern der Finninnen strahlt auch nicht eben hell: Kiira Korpi kam bei keinem ihrer Grand Prix-Wettkämpfe aufs Podest, Laura Lepistö musste die Serie verletzungsbedingt absagen.
Dream Teams
Im Paarlauf zeichnet sich in dieser Saison ein enger Konkurrenzkampf zwischen Savchenko/Szolkowy und Volosozhar/Trankov ab. Dem deutschen Paar ist mit der Kür zum Soundtrack von „Pina“ wieder einmal ein Kunstwerk gelungen:
Wenn ihnen bei EM und WM auch noch der 3fach-Wurfaxel gelücken würde, den sie in dieser Saison schon mehrfach im Wettkampf versucht haben, wären sie ihrem großen Traum wohl wieder ein Stück näher.
Und was macht eigentlich…
Brian Joubert: hatte einen reichlich holprigen Start in die Saison, zog seine Teilnahme bei der Nebelhorn-Trophy zurück, dann sagte er wegen Rückenproblemen auch die Grand Prix-Serie ab, ist inzwischen zu seiner Matrix-Kür aus der Saison 03/04 zurückgekehrt und vor wenigen Wochen zum achten Mal französischer Meister geworden.
Evgeni Plushenko: nachdem er (zum wievielten Mal?) sein Wettkampf-Comeback verkündet hat und im Sommer in Moskau bei einer Präsentation der neuen Programme noch reichlich steif aussah, wurde er im Dezember vor Artur Gachinski russischer Meister. Warten wir also ab, was die EM bringt…